Tiger Woods’ PK: Eine Blamage für alle Beteiligten

Am Freitag war es so weit: Tiger Woods tauchte nach wochenlanger Isolation wieder in der Öffentlichkeit auf, um sein Mea Culpa abzulegen. Im wie für einen Staatsbesuch abgeriegelten TPC Sawgrass tauchte Woods vor einem blauen Vorhang, Marke billige Varieté-Veranstaltung auf, las vor ausgewähltem Publikum eine vorbereitete Rede ab und verschwand nach einigen Umarmungen mit seiner Mutti und anderen wieder hinter dem Vorhang. Am Ende blieb die Frage was die ganze Veranstaltung sollte – und die Feststellung, dass aus dieser Pressekonferenz keiner unbeschadet herausgekommen ist.

Da wäre an erster Stelle Tiger Woods selber. Dass er im an Prüderie nicht zu überbietenden Amerika für seine zahlreichen Seitensprünge Buße ablegen musste, war klar. Zu rigoros sind die Moralvorstellungen in dem Land als dass jemand, der dagegen verstoßen hat, ohne weiteres zur Tagesordnung übergehen kann. Doch wie der Gang nach Canossa ausfällt, bleibt jedem selbst überlassen – und dabei haben Tiger Woods und sein Beraterstab nicht gerade Feingefühl erwiesen. Zu berechnend hakte die Rede alle wichtigen Punkte ab: Entschuldigung bei der Familie? Check. Verteidigung von Elin? Check. Entschuldigung bei den Fans? Check. Eingeständnis der Sexsucht? Check. Entschuldigung bei den Sponsoren? Check. Ankündigung einer Änderung? Check. Und als Bonus gab es sogar noch die Einsicht hinzu, dass sein Fluchen und Schlägerwerfen auf dem Platz entgegen dem Geist des Spiels seien und ebenso therapiert gehören. Dass Woods im gleichen Atemzug auf die Medien einhämmerte, war zwar zu erwarten, aber für das was Woods erreichen wollte kontraproduktiv. Doch viel fataler als was er sagte war wie er es sagte.

Wenn nicht die Nominierungen für die Goldene Himbeere bereits bekannt gegeben wären, Tiger Woods wäre nach dieser Veranstaltung der erste Kandidat auf die Auszeichnung als miesester Hauptdarsteller des Jahres. Jede einzelne Geste, jedes Mienenspiel, jedes einzelne Wort wirkten als sei es wochenlang einstudiert worden. Wie er zwischendrin versuchte Tränchen herauszudrücken und gnadenlos scheiterte, und wie er bei der Verteidigung der Privatspäre seiner Kinder demonstrativ und wenig überzeugend den Kopf schüttelte, trug Züge einer Grundschul-Theateraufführung und wirkte entsprechend unfreiwillig komisch.

Das Problem dabei: Wenn die Rede wirklich so einstudiert war wie sie wirkte, bedeutet dies, dass Woods keinesfalls interessiert ist, sich zu ändern. Das ist natürlich allein seine Sache und es steht weder mir noch irgendjemanden sonst zu, ihn dafür zu kritisieren. Doch in dem Moment wo er seine Fans für so dumm hält, dass sie ihm alles abnehmen was er erzählt, verspielt er auch noch den letzten Kredit. Und auch die von vielen Seiten kritisierte Wahl des Termins in Konkurrenz zum Accenture Match Play ist nicht alleine durch die Tatsache abgetan, dass Woods ab Samstag wieder zurück in Therapie ist. Wer sich so minutiös auf seine Rede vorbereiten kann, hätte auch die Zeit gehabt, den öffentlichen Auftritt bereits am Dienstag zu halten. So kann man die Argumentation von Spielern wie Ernie Els, Rory McIlroy und Geoff Ogilvy durchaus nachvollziehen, dass es sich bei der Wahl des Termins um eine persönliche Vendetta von Woods gegen den Ex-Sponsor Accenture hält. Und das ist so ziemlich das schlechteste Signal was Tiger Woods in seiner derzeitigen Situation senden kann.

Tim Finchem, Präsident der PGA Tour, hat in den letzten Wochen schon bei seinem Krisenmanagement von Wedgegate nicht gerade geglänzt und seine Serie an zweifelhaften Entscheidungen setzt sich fort. Mit seiner Genehmigung der Terminierung von Woods Pressekonferenz hat er zuerst einmal Accenture einen Schlag ins Gesicht verpasst. Nun kann man mutmaßen, dass die Firma längst ihren Ausstieg aus dem Golf-Sponsoring beschlossen hat und Finchem deshalb nicht durchgegriffen hat. Doch das Signal, dass er damit an andere aktuelle und potentielle Sponsoren gibt, ist, dass er deren Interessen nicht schützt. In einer Zeit in der jede Firma ihre Ausgabenseite überprüft nicht gerade der cleverste Schachzug.

Darüber hinaus hat die PGA Tour auch noch die Örtlichkeiten für die Veranstaltung zur Verfügung gestellt. Zwar sagt Finchem, dies hätte er für jeden anderen Spieler auch getan, doch es fällt schwer zu glauben, dass bsw. Doug Barron für ein Statement zu seiner positiven Dopingprobe ähnlich der rote Teppich ausgerollt würde. Tim Finchem hat mit dieser Aktion bewiesen, dass die PGA Tour komplett von Woods abhängig und erpressbar ist, und sich selbst zum Kaiser ohne Kleider gemacht.

Hingegen hat die Golf Writers Association of America Tiger Woods gezeigt, wo der Hammer hängt. Als bekannt wurde, dass nur drei Vertreter zugelassen werden und keinerlei Fragen erlaubt sind, beschloss die GWAA einen Boykott der Veranstaltung. In ihren Twitter-Feeds feierten sich die Vertreter für ihre Tapferkeit im Angesicht des Feindes. Endlich hatten sie es Woods mal so richtig gezeigt und ihm die Retourkutsche für die miserable Behandlung der Presse verpasst. Nun wollen wir gar nicht diskutieren ob es sich gehört, einen Mann zu treten, wenn er am Boden liegt. Vielmehr ist interessant zu sehen, wie die GWAA das Wort Boykott definiert. Denn Boykott heißt offensichtlich nur nicht vor Ort zu sein und dennoch in epischer Breite über die Pressekonferenz zu berichten. Wahres Rückgrat wäre gewesen, wenn sich die GWAA schon viel eher mal zu so einem Schritt durchgerungen hätte. Jahrelang haben sie sich von Tiger Woods am Nasenring durchs Pressezentrum führen lassen, seine inhaltsleeren Antworten akzeptiert und jede Schikane hingenommen. Echte Größe wäre es gewesen, damals schon durch eine konzertierte Aktion Woods mitzuteilen, dass er nicht über allen anderen steht. Doch eine Einigkeit war nicht zu erzielen, weil keiner Woods verärgern wollte und jeder hoffte, irgendwann einmal eine Audienz beim Golf-Papst zu erhalten. Sich jetzt als Helden der Pressefreiheit hinzustellen, ist mindestens ebenso peinlich wie der Auftritt von Woods.

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