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Zum Tode von Severiano Ballesteros (1957-2011)

7 Mai 2011 1.424 views 3 Kommentare

Heute Nacht um 2.10 Uhr verstarb Severiano Ballesteros an den Folgen eines Gehirntumors. Seither überschlägt sich die Golfwelt mit Beileidsbekundungen und Erinnerungen an die spanische Golflegende. Ich habe Ballesteros nie spielen sehen, doch die legendären Geschichten, die sich um ihn ranken und das Erbe, das er zurücklässt, lassen mich glauben, dass ich sein größter Fan gewesen wäre, wenn ich mich schon früher für Golf interessiert hätte. Ausgestattet mit dem Charisma eines Arnold Palmer, dem Ehrgeiz von Tiger Woods, der Kreativität von Bubba Watson und den Emotionen seines Landsmannes Sergio Garcia bot jeder Auftritt von Ballesteros eine Garantie für ein beispielloses Golf-Spektakel.

Davon zeugt auch das Zitat von Colin Maclaine, Turnierchef der Open Championship in Royal Lytham and St. Annes 1979, der den Spanier mit folgenden Worten ehrte: “Der Sieger, Severiano Ballesteros, entschloss sich, nicht den Platz zu bespielen, sondern bevorzugte seinen eigenen, der hauptsächlich aus Heufeldern, Parkplätzen, Tribünen, Drop Zonen und sogar Frauenkleidung bestand.”


Denn die Unberechenbarkeit war sein Markenzeichen. Ballesteros konnte 17 Loch perfektes Golf spielen und plötzlich einen Abschlag vollkommen verziehen, genauso wie er auf 18 Loch kein Fairway treffen und trotzdem Platzrekord spielen konnte. Die Kreativität und seine Fähigkeit, sich auf unmöglichen Lagen noch perfekt herauszuarbeiten, löste nicht nur bei den Zuschauern, sondern auch bei den Mitspielern Ehrfurcht aus. Bis heute sagen Fuzzy Zoeller und Jack Nicklaus beispielsweise sie hätten nie wieder einen besseren Golfschlag gesehen als Ballesteros Holz aus einem Fairway Bunker beim Ryder Cup 1983. Anders formuliert: Seve Ballesteros war der Houdini des Golfsports. Hätte er beim Masters so gelegen wie Rory McIlroy in diesem Jahr an der 10, er wäre vermutlich mit Birdie vom Loch gegangen.

Doch zu seiner Persönlichkeit zählten auch ein unfassbarer Dickschädel und die Emotionen eines Vulkans. 1980 verpasste er seine Abschlagzeit bei der U.S. Open, beschuldigte daraufhin einen Fahrer ihn unpünktlich abgeholt zu haben und schwor nie wieder bei dem Turnier anzutreten (was er im kommenden Jahr dann aber doch tat). Ein Jahr später legte er sich mit der European Tour an, weil diese ihm untersagte, Antrittsgeld zu fordern. Als er daraufhin zwei Turniere unerlaubt absagte und lieber im Nahen Osten spielte, fand er sich von der folgenden Rüge der europäischen Kollegen in seiner Ehre gekränkt und legte seine Mitgliedschaft auf der Tour nieder – womit er auch beim Ryder Cup des Jahres zu einer Zuschauerrolle verdammt war. Eine Legende wurde er in dem Wettstreit mit den USA dennoch. Als man den Wettbewerb 1979 für Kontinentaleuropa öffnete, war das hauptsächlich eine Reaktion auf Ballesteros’ Erfolge. Zusammen mit Jose Maria Olazabal bildete er daraufhin einen der gefürchtetsten Vierer der Cup-Historie und gemeinsam mit Bernhard Langer machten sie die Europäer wieder konkurrenzfähig – und sorgten so dafür, dass der kurz vor dem Exodus stehende Wettbewerb bis heute zur populärsten Golfveranstaltung überhaupt wurde. Ihm zu Ehren fand der Ryder Cup daher 1997 auch erstmals in Spanien statt – mit Ballesteros als Kapitän. Europa siegte, aber auch hier erwies sich der damals 40-Jährige als kleiner Dickschädel. Er schmiss seinen Landsmann Miguel Angel Martin aus dem Team obwohl dieser sich fest qualifiziert hatte. Aufgrund einer Handgelenksverletzung traute er Martin die Leistung nicht zu und nominierte stattdessen seinen Kumpel Olazabal. Martin drohte mit dem Gang vors Gericht, später einigte man sich, dass Martin wieder ins Team aufgenommen wird – als nichtspielendes Mitglied. Ballesteros hatte sich durchgesetzt.

Dieser unverrückbare, eiserne Willen hat ihn manchmal als kontroverse Figur erscheinen lassen. Er war es aber auch, die ihn zum Superstar machte. Eine Eigenschaft, die aus seiner Biographie begründet ist. Der vierte Sohn eines Milchbauern hatte sich seinen Golfschwung beim acht Jahre älteren Bruder Manuel abgeschaut und begann mit neun Jahren den Golfschläger zu schwingen. Am Strand. Mit einem selbstgebauten Eisen. Gegen Kieselsteine. Auf den benachbarten Golfplatz, der keine Kinder erlaubte, schlich er sich heimlich wenn die Dämmerung einsetzte und spielte bis tief in die Nacht. Bedingungen, die sich die heutigen verwöhnten Jungprofis kaum mehr vorstellen können. Mit 16 bereits entschied sich Severiano Profi zu werden. Sein erstes Preisgeld: 15 Pfund. Zwei Jahre später sackte er immerhin schon 7350 Euro ein, als er mit einem Ausrufezeichen bei der Open Championship in Royal Birkdale auf der Weltbühne des Golfsports auftauchte. Drei Runden lang hielt der 19-Jährige die Konkurrenz in Schach, doch unsterblich machte er sich erst, als er den Sieg aus der Hand gegeben hatte. Auf den letzten sechs Löchern spielte er drei Birdies und ein Eagle und kämpfte sich noch auf den geteilten zweiten Platz mit Jack Nicklaus zurück. Die Welt, und ganz besondere Großbritannien lag ihm zu Füßen. Drei Mal sollte er die Open Championship gewinnen: 1979 und 1988 in Royal Lytham & St. Annes sowie 1984 in St. Andrews, wo seine Freude über den letzten Putt an der 18 ein Bild für die Ewigkeit war.


Dazu sammelte der Spanier zwei Masters-Siege, 61 Wochen an der Spitze der Weltrangliste, fünf Ryder Cup Siege (als Spieler und Kapitän) sowie und auf absehbare Zeit unerreichbare 50 Siege auf der European Tour. Eine Bilanz, die jeder Karriere zu Ehre gereichen würde – und die Ballesteros im Grunde in einer halben Karriere erspielte. Seine gesamte Laufbahn über plagte er sich mit Rückenbeschwerden, eine Verletzung, die – so vermutet man – von einer Boxverletzung herrührte, die er mit 14 erlitt als er auf den Rücken fiel. Mit Mitte 30 wurden die Schmerzen so unerträglich, dass an Golfspiel kaum noch zu denken war. Am 21.Mai 1995 feierte er bei der Spanish Open den letzten Sieg seiner Karriere. 16 Jahre später erschütterte bei eben diesem Turnier die Nachricht von Ballesteros Tod die Golfwelt. Selbst für das spanische Kämpferherz erwies sich der Gehirntumor, der am 6. Oktober 2008 entdeckt wurde als Ballesteros im Madrider Flughafen zusammenbrach, als ein zu großer Gegner. Dennoch setzte er sich bis zum Schluss dafür ein, 2018 den Ryder Cup noch einmal nach Spanien zu holen. Den Erfolg dieses Kampfes, der am 17. Mai entschieden wird, erlebte er leider nicht mit. Doch so oder so wird ihn die Golfwelt nie vergessen und für alle Ewigkeit in einem Atemzug mit den Legenden des Sports in Ehren behalten. Als charismatischen spanischen Haudegen, der in Interviews immer wieder Sinn für trockenen Humor bewies. Mach’s gut, Seve. Ich wünschte, ich hätte Dich spielen sehen dürfen.

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3 Kommentare »

  • R.I.P. Seve - fooore - Blog auf fooore – Blog said:

    [...] schon getan und sogar wesentlich besser als ich es könnte (siehe hier: Der Linksgolfer und Kiki ) mit zwei Artikeln die ich Euch ans Herz legen möchte. Warum schreibe ich aber auch noch [...]

    • R.I.P. – Severiano Ballesteros said:

      [...] Artikel findet ihr unter anderem beim Linksgolfer, bei Kiki von [...]

      • R.I.P. – Severiano Ballesteros said:

        [...] Artikel über Severiano Ballesteros findet ihr unter anderem beim Linksgolfer und bei Kiki von [...]

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