Golf Post: Hinter den Kulissen eines neuen Golfportals

“Golf Post: Aktuell. Unabhängig. Kompetent.” Unter diesem Slogan soll am 18.Juni ein neues Golfportal an den Start gehen. Eine erfeuliche Entwicklung, schließlich ist jede Aufmerksamkeit für unseren Sport zu begrüßen und seien wir mal ehrlich: golf.de hat mit seinem Angebot, in dem sich redaktioneller Inhalt so gut wie gar nicht mehr von Werbung trennen lässt, eine aufrüttelnde Konkurrenz mehr als nötig.

Insofern war ich mehr als aufgeschlossen, als mich eine Anfrage einer Mitarbeiterin erreichte: Ihr würde die Artikelreihe “Week in Review” sehr gut gefallen und sie würde gerne wissen, ob ich nicht eine Kolumne für die Webseite schreiben möchte. Natürlich würde man einen Backlink zu meinem Blog daruntersetzen. Oder mit anderen Worten: Ein paar Klicks sind doch eine angemessene Bezahlung für diverse Stunden Arbeit. Nun gut, solche Anfragen bekommt man als Blogbetreiber alle paar Tage: Wollen Sie nicht Produkt XY redaktionell einbinden? Wie wäre es mit einem Linktausch? Etc. In der Regel schreibt man eine höfliche, aber ablehnende mail oder ignoriert die Anfragen.

Doch in diesem Fall passierte etwas ungewöhnliches: So wie es das Kaninchenloch mit Alice tat, führte eine Google-Suche nach “Golf Post” auch mich in ein Wunderland: das ungeschützte Wiki mit dem die Mitarbeiter des Portals ihre Informationen austauschen, was zumindest das Wörtchen Kompetent in ihrem Adjektiv-Dreigestirn in Frage stellt und der deutschen Golfblogger-Szene bereits seit einigen Wochen beste Unterhaltung bietet.

Besonders wenn man bedenkt, was alles in diesem Wiki steht, was sicher nicht für die Öffentlichkeit bestimmt war:

  • Einschätzungen von anderen Webseiten (über einen Blog wird geschrieben “er würde sicherlich einen Artikel für uns schreiben, um mehr Popularität für seinen Blog zu bekommen”, die Arbeit eines anderen Kollegen wird als “obszön und unbrauchbar” abgewertet und der Facebook-Auftritt des Golf Journals ist “pseudo trendig”)
  • Bezahlungen von freien Autoren (Psst, liebe Autoren namens zeroshope und textweise: andere Autoren, die von der Redaktion qualitativ gleichwertig eingeschätzt werden, bekommen fast das Doppelte gezahlt)
  • Und als i-Tüpfelchen die kompletten Zugangsdaten zum eigenen Server mit dem Menschen mit weniger Unrechtsbewusstsein als unsereins viel Spaß haben könnten.

Fast noch besser als diese peinlichen Sicherheits-Lücken sind die Angaben, die man dort über das gesamte Projekt findet. Denn das gesamte Konzept von Golf Post scheint sich in einem Satz zusammenfassen zu lassen: “Wie kann ich möglichst billig möglichst viel klickfähigen Content zusammenbekommen.” Beispiel gefällig? Hier ein Screenshot direkt aus dem Wiki (einige Unterpunkte wurden von mir weggelassen und Namen der zuständigen Redakteure rausgelöscht)




Doch nicht genug damit, dass die redaktionelle Eigenleistung zum Teil darin bestehen soll englischsprachige Artikel unauffällig zu kopieren oder Blogger mit dem Versprechen eines tollen Backlinks dazu zu bringen ihre Inhalte abzutreten. Die Golf Post geht noch einen Schritt weiter und setzt auf Leserreporter, oder wie es in Golf-Post-Sprech heißt: “Social Media Enthusiasten”. Um das zu erreichen, betreibt man vor dem Start der Webseite aggressives Facebook-Marketing und schreibt gezielt neue Fans an, um sie dazu zu bewegen Texte und vor allen Dingen auch Bilder beizutragen, damit man es sich sparen kann, Bildrechte bei Getty Images oder dem Sport-Informations-Dienst zu besorgen. Das Ganze sieht dann so aus (allesamt Original-Zitate):

  • Verfolge neue Likes und schaue dir die Profile der Likes an
  • Wähle für uns relevante Fans aus und schreibe sie an:

Hallo XXX,

ich habe gesehen, dass du Fan von Golf Post bist. Ich schätze mal, dass du begeisterter Golfer oder zumindest ein großer Golffan bist.
Deswegen wollte ich Dich mal direkt fragen ob du Interesse hast ein bisschen Leben auf die Facebookseite zu bringen. Ich bin auch am Aufbau der Golf Post Seite beteiligt und suche nach kreativen Ideen von Golffans wie Dir. Was interessiert Dich denn persönlich mehr, Profigolf, Tipps zum Golf oder ganz was anderes? Du kannst auf der Facebookseite von Golf Post kommentieren, Themen vorschlagen oder auch Bilder hochladen.

Mit diesen Maßnahmen sieht sich die Golf Post selber ganz in der Tradition der Huffington Post, die in den USA mit lesergeneriertem Inhalt zu einem Überraschungserfolg geworden ist. Es gibt nur ein Problem: Selbst die Huffington Post hat schnell gemerkt, dass man auf diese Art zwar Traffic generieren, aber nicht gerade zur Speerspitze des Qualitätsjournalismus werden kann, und dann doch gestandene Journalisten ins Boot geholt. Nun gut, die Golf Post hat den Vorteil, dass die Messlatte für Golfjournalismus in Deutschland so niedrig ist, dass selbst eine Fliege sie beim Limbotanzen herunterreißen würde.

Man muss sich jedoch die Frage stellen, wer auf diesem neuen Golf Portal für inhaltliche Qualität stehen soll, denn auf den ersten Blick scheint das Kernteam zwar golfbegeistert zu sein, aber keine journalistische Ausbildung genossen zu haben. Dagegen spricht zumindest die im Wiki enthaltene Seite “Grundlagen Journalismus” auf der für die Mitarbeiter erst einmal der Begriff Journalist definiert, und erklärt wird, wie man an einen Presseausweis kommt, der den Mitarbeitern “amtliche Legitimation” verschafft (und natürlich “Presserabatte (Kino, Mobilfunkverträge, Museen, Theater”). Sogar die Möglichkeit unterstützenden Bloggern und Textern Presseausweise zu verschaffen wird in Betracht gezogen, was wieder einmal beweist, dass Presseausweise abgeschafft oder zumindest modifiziert gehören.

Doch welche Kompetenz hinter dem Team steckt dürfte dem normalen User erst einmal egal sein. Kommen wir zu dem wichtigsten Punkt: welche Themen sollen denn besetzt werden? Wo liegen die Interessen der Redaktion? Neben dem üblichen Krams wie Golfreisen, Schwungtipps, etc. werden einen Schwerpunkt des Inhalts die Themen Martin Kaymer, Rory McIlroy und Tiger Woods einnehmen. Das klingt doch erst einmal gut: hier scheinen sich echte Fans von drei populären Sportlern intensiv mit ihren Stars auseinander setzen zu wollen. Das mag natürlich auch sein, doch der Hauptgrund ist ein anderer und lässt sich in zwei mal drei Buchstaben zusammenfassen: SEO & SEM. Oder wie es die Golf Post selber ausdrückt:

Aufgabe ist es nach Keywords zu suchen, die wir noch gut belegen können. Ziele der Keyword-Suche ist es Suchanfragen zu bestimmen, bei denen wir entweder mit Hilfe von SEO oder SEM ranken wollen.


Und so wird es wohl schon zum Start des Portals einen Bericht über das Videospiel “Tiger Woods PGA Tour 13″ geben weil es fast 87 Millionen Suchanfragen bei Google dazu gibt. Außerdem sollen die Abfragen “Martin Kaymer Golf” und “Rory McIlroy Twitter” bestückt werden. Beliebte, spielerunabhängige Suchabfragen, die bedient werden sollen sind zudem “Wo lerne ich Golf”, “Golf Rekorde”, “Golfen an der Uni” und mein absoluter Liebling: “Billig golfen in Mallorca”.
Damit sich möglichst viele Google-Hörige auf die Seite verlieren, wird diese beliebte Suchabfrage natürlich auch gleich im Titel verbraten und so wird vermutlich gleich zum Start des Portals der für 6,50ct/Wort geschriebene Artikel “Billig golfen auf Mallorca” online stehen. Ob dieser Artikel sehr neutral wird, muss allerdings bezweifelt werden. Schließlich findet sich auch dieser Abschnitt im Wiki der Golf Post:


Koopoeration [sic!] mit Golfhotel im Norden von Mallorca
* Pilotprojekt um Golfreisen zu vermarkten (Provision für GP: 10-15 %)
* Eine Gratisübernachtung wird verlost bei Facebook
* Texte/Bilder sind quasi fertig
* Kooperation mit Golfclub muss noch angegangen werden
* Pricing der Pakete noch offen



Und damit wären wir auch beim traurigsten Aspekkt des Ganzen: der Unabhängigkeit. Insbesondere mit diesem Punkt glaubt man sich abheben zu können. Oder in den eigenen Worten ausgedrückt:

“Im Gegensatz zu golf.de ist Golf Post ein unabhängiges Golfportal und bietet den Golfern die Möglichkeit, aus Ihrer eigenen Perspektive zu berichten. Das Ziel von Golf Post ist es, ein Gegenpol zu golf.de aufzubauen, aktuell und vor Ort zu berichten.

Newsflash liebe Golf-Postler: Nur weil ihr nicht mit dem Deutschen Golf Verband verbandelt seid wie golf.de, seid ihr nicht automatisch unabhängig. Dieses Prädikat muss man sich erst verdienen indem man beispielsweise Kooperationen und Partner in jedem Artikel, der sich darauf bezieht, offen legt. Sollte dies beim Start des Portals tatsächlich geschehen, dann Hut ab. Allein mir fehlt der Glaube. Denn wer bei der Beauftragung von Textern nach folgenden Maßstäben vorgeht:

Frage: Wieviel Optionen/Inhalte muss ich angeben, damit ein vernünftiger Artikel zurück kommt?
Antwort: Wenn man einen bestimmten Text vor Augen hat (…), kann man natürlich alles angeben und vorgeben wie der Text aussehen soll
Sinnvoll ist es anzugeben, was das Fazit des Textes sein soll, damit man nicht die Meinung des Autors als Fazit bekommt, sondern seine eigene Meinung

scheint auf Unabhängigkeit keinen großen Wert zu legen. Und das, liebe Golf Post, ist als meine offizielle Absage für die Anfrage nach einer Mitarbeit zu verstehen.

Update von 12.04 Uhr: Falls ihr jetzt gerade verzweifelt bei Google nach dem Wiki sucht: Sie haben es dann jetzt doch endlich mal geschafft ein Passwort einzuführen

10 Kommentare
  1. amgolfer
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  2. GOLF POST
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    • Linksgolfer
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  3. Kiki
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  4. David
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    • Linksgolfer
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  5. hole-in-9
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  6. David
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  7. Nichtgolfer
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  8. Andreas @ Birdiesüchtig
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