Scott MacPherson: The Evolution of the Old Course

Der Old Course in St. Andrews ist vielleicht nicht die Wiege des Golfsports, aber er ist zumindest das Kinderzimmer. Hier ist der Golfsport zu dem aufgewachsen, was er heute ist. Umso erstaunlicher, dass erst 2007 sich jemand die Zeit genommen hat, eine umfassende Geschichte des Old Courses zu verfassen.

1998 zog der neuseeländische Golfarchitekt Scott MacPherson nach St. Andrews und hörte von allen Seiten, dass sich der Old Course seit Beginn der Zeit nie verändert hat. Eine Aussage, die der Neuankömmling nicht glauben wollte. Also wühlte er sich durch zahlreiche Bücher und Dokumente, und trug all seine Entdeckungen in ein Excel-Formular ein (das er anschließend in den Anhängen seines 208 Seiten starken Buches platzierte). The Evolution of the Old Course ist mehr oder weniger die ausformulierte Fassung dieses Dokuments.

Aus ihm ging nämlich hervor, dass sich der Old Course seit seinen Urtagen sehr wohl verändert hat – und zwar mehr als deutlich, wie MacPherson immer wieder mit anschaulichem Karten- und Datenmaterial untermauert. So findet sich beispielsweise eine spannende Übersicht, die zeigt, dass die erste Open Championship auf gerade einmal 20,4 Hektar Land ausgetragen wurde – etwas mehr als die Hälfte der 38 Hektar, die der Old Course heute beansprucht.

Die Gründe für die Expansion lassen sich bereits aus MacPhersons Kapiteleinteilung ableiten: Er untergliedert die Veränderungen des Old Courses in Golfball-Epochen. Denn die Verlängerungen (und Verbreiterungen) der einzelnen Löcher hängen unmittelbar mit dem Wandel von Gutta Percha Ball über Haskell bis hin zu den heutigen Bällen zusammen, die immer weiter flogen.

Doch das sind nicht die einzigen Veränderungen, die MacPherson zusammengetragen hat. Beispielsweise geht er darauf ein, dass Old Tom Morris den Locheinsatz erfunden hat, und wie sich das Bunkering auf dem Old Course entwickelt hat. Doch so hochinteressant die Texte auch sind: sie sind noch fast das Langweiligste an diesem faszinierenden, auf 3000 Exemplare limitierten Buch. Denn die Highlights finden sich in den alten Fotos und Illustrationen. So gibt es Nachdrucke von Cigarette Cards aus dem Jahr 1933, die eine Art Vorläufer der heutigen Birdie Books waren mit einer Aufsicht des Platzes und Spieltipps für “Mr. Rabbit”, “Mr. Everyman” und “Mr. Tiger” (nicht Woods).

Beeindruckend sind auch die diversen Repräsentationen der Open-Ergebnisse im Kontrast zu den veränderten Längen des Old Courses. Die sind, wie eine weitere Grafik zeigt, aber immer noch ungenügend, um die absurden Auswüchse der modernen Golfballtechnik auszugleichen. Um den Old Course im Verhältnis zur Länge der Drives wieder in den Ursprungszustand zu versetzen, müsste er (Stand 2005) etwa 8800 Yards lang sein.

Ja selbst, wer schon immer mal wissen wollte, welches Loch des Old Courses wieviele Bunker und wieviele Quadratmeter Fairway und Grün hat, bekommt von Scott MacPherson die passende Übersicht geliefert. Und ja, es gibt natürlich auch Satellitenaufsichten, die eine (nachgestellte) 1900er Version mit der 2005er Variante des Old Courses vergleichen.

Das Faszinierendste ist allerdings die Abbildung des sogenannten Reverse Old Course oder Left Hand Course. Denn lange Zeit wurde der Old Course im Tages- bzw. Wochenwechsel mal linksrum und mal rechtsrum gespielt – sozusagen ein Vorbild für heutige Querfeldeinturniere. Sogar die Amateur Championship 1886 fand linksdrehend statt, weil die Offiziellen erst nach Turnierbeginn merkten, dass in dieser Woche diese Spielrichtung turnusgemäß dran war. Welcher Golfer würde nicht gerne den Old Course auch einmal so spielen. Und tatsächlich: “Einmal im Jahr, Anfang April, wird der Reverse Course noch gespielt”, macht MacPherson uns den Mund wässrig. Da die offizielle Seite der R&A diese Behauptung bestätigt saß ich gedanklich schon im Flieger nach Schottland. Doch eine offizielle Nachfrage in St. Andrews setzte den Plänen ein jähes Ende.

Unfortunately, the information is out of date; last time golf was played ‘backwards’ was in 2007 and there is no intention to introduce it again in the immediate future.

Ein Kommentar
  1. Andreas
    Antworten

Kommentar verfassen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind markiert *